Wenn der Staat versagt – Bürger formen ihre eigene Schutztruppe

Bürgerwehren sind kein neues Phänomen – sie reichen historisch bis ins Mittelalter zurück, als sich Gemeinden mangels staatlicher Ordnungsmacht selbst gegen Räuber, Überfälle oder Unruhen schützen mussten. Auch in der frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert bildeten sich vielerorts freiwillige Schutztruppen, etwa in Zeiten politischer Instabilität oder schwacher Exekutive. Heute erleben wir eine neue Welle solcher Bewegungen – nicht aus revolutionärem Geist, sondern aus purer Verunsicherung.

Wenn Menschen das Gefühl haben, der Staat schütze sie nicht mehr – sei es vor Alltagskriminalität, vor Übergriffen auf öffentlichen Plätzen oder vor ideologisch motivierter Gewalt –, dann beginnen einige, selbst Verantwortung zu übernehmen. Was früher als bürgerliche Notwehr galt, stößt heute auf scharfe Kritik: Schnell steht der Vorwurf im Raum, es handle sich um Radikale, Selbstjustiz oder gar Demokratiefeinde.

Doch die Realität ist oft differenzierter: Ob in Harsefeld in Niedersachsen oder – wie jüngst – in Villach in Kärnten nach einem schockierenden Messerangriff, die Gründung oder Ankündigung von Bürgerwehren ist meist eine Reaktion auf gefühlte oder tatsächliche Schutzlücken. Dabei stehen nicht Aggression oder Konfrontation im Mittelpunkt, sondern Präsenz, Abschreckung und die stille Hoffnung, dass der Staat doch wieder handelt, bevor es andere tun müssen.

In Kärnten, genauer gesagt in Villach, löste ein brutaler Messeranschlag am 15. Februar 2025 Entsetzen aus: Ein 23‑jähriger Syrer tötete einen 14‑Jährigen und verletzte fünf weitere Menschen, zwei davon schwer. Ein Essenslieferant stoppte den Täter mit seinem Auto und verhinderte Schlimmeres.

Pläne für Bürgerwehr in Villach

Im Anschluss erreichten Überlegungen die Öffentlichkeit, in Villach eine Bürgerwehr zu gründen. Der Security-Chef Manfred Berger kündigte an:

„Ich gründe eine klassische Bürgerwehr. … Wir werden mit Patrouillen in enger Zusammenarbeit mit der Polizei für Sicherheit sorgen“. Die private Truppe sollte mit Funkgeräten, Warnwesten, Pfefferspray und Elektroschockern ausgestattet werden, getragen von einem kleinen Team aus Freiwilligen, Familienvätern, Handwerkern und Rentnern.

Die Polizei warnte jedoch vor:

„Eine Bürgerwehr hätte diesen Anschlag nicht verhindert. Es besteht definitiv keine Notwendigkeit für Maßnahmen durch private Personen … Wir brauchen keine Bürgerwehr“.

Parallelen zu Harsefeld

In Harsefeld (Niedersachsen) hatten Jugendliche die Stadt monatelang terrorisiert – mit Raub, Bedrohungen und Gewalt. Die Polizei war überfordert, streikende Beamte und fehlende Streifen schufen ein Verantwortungs-Vakuum. Bürger gründeten schließlich eine Schutzgemeinschaft, die sichtbar Präsenz zeigte – ohne Masken, ohne Waffen, aber als symbolisches Statement: Sicherheit muss gewährleistet sein.

In beiden Fällen zeigt sich ein starkes Misstrauen in die staatliche Schutzfunktion – und der Wunsch vieler Bürger, das Recht auf Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen. Die öffentliche Wahrnehmung kippt, wenn Behörden versagen und Demonstrationen des Protests stärker polarisieren als zugesagte Lösungen.

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