Empörung im Fall Waltraud – Psychiatrisches Attest sorgt für Ermittlungen

Der Fall eines Mannes, der kurz vor Antritt einer Haftstrafe seinen Geschlechtseintrag ändern ließ, sorgt in Österreich für heftige öffentliche und politische Empörung. Walter P., der sich seit der Änderung als Waltraud P. bezeichnet, wollte “ihre” dreimonatige Haft im Frauengefängnis verbüßen. Grundlage der Änderung war ein psychiatrisches Gutachten, das nun von den Behörden überprüft wird.

Empörung über mögliche Gesetzesumgehung
Besonders für Aufsehen sorgt, dass die Geschlechtsänderung nicht nur die Haftunterbringung, sondern auch Sozialleistungen wie den Pensionsantritt beeinflussen konnte. Nach der Änderung erhielt Waltraud P. ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt (PVA), das einen früheren Pensionsantritt in Aussicht stellte. Kritiker argumentieren, dass Gesetze, die geschaffen wurden, um Gleichberechtigung und soziale Absicherung zu gewährleisten, plötzlich zu einem Vorteil „umgelenkt“ werden könnten.

Überprüfung des psychiatrischen Gutachtens
Das Innenministerium betont, dass eine willkürliche Änderung des Geschlechtseintrags in Österreich nicht möglich sei. Der Magistrat der Stadt Wien wurde beauftragt, das psychiatrische Gutachten zu prüfen. Aufgrund der Aussagen von Waltraud P. könne ein „Gefälligkeitsgutachten“ nicht ausgeschlossen werden, was strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Parallel dazu ermittelt das Bundeskriminalamt wegen des Verdachts auf Sozialleistungsbetrug.

Rechtliche Sichtweise
Rechtsexperten weisen darauf hin, dass das rechtliche Geschlecht auf dem tatsächlich sozial gelebten Geschlecht beruht. Die Unrichtigkeit eines Geschlechtseintrags könnte von Behörden und Gerichten festgestellt werden. Dabei wird auch geprüft, ob der begutachtende Psychiater fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt und sich strafbar gemacht hat.

Politische Reaktionen
Die FPÖ reagierte mit Empörung und fordert eine sofortige gesetzliche Klarstellung. Kritiker sehen in dem Fall ein Paradebeispiel, wie gesetzliche Regelungen, die ursprünglich Schutz und Gleichberechtigung gewährleisten sollten, plötzlich ausgenutzt werden können, um Vorteile zu erlangen. Die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ sehen hingegen keinen Handlungsbedarf, betonen aber die Notwendigkeit akribischer Überprüfungen, während die NEOS mögliche Anpassungen prüfen. Die Grünen sehen den Missbrauch eindeutig geahndet.


Der Fall Waltraud verdeutlicht die Spannungen zwischen rechtlich geschützten Individualrechten und dem Missbrauchspotenzial solcher Regelungen. Er zeigt, dass Kontrollmechanismen greifen, um mögliche strafbare Handlungen aufzudecken, wirft aber zugleich die Frage auf, wie Gesetze im Alltag effektiv umgesetzt werden können, wenn sie plötzlich von Einzelpersonen in völlig neuen Kontexten genutzt werden.

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