Was Greenspan ahnte, zeigt sich jetzt: Gold lügt nicht

Alan Greenspan war tatsächlich einer der wenigen Ökonomen aus dem Umfeld der US-Notenbank, der vor seiner Amtszeit als Fed-Vorsitzender (1987–2006) öffentlich sehr goldfreundlich und systemkritisch argumentierte.

Schon 1966 (!) schrieb er in seinem Essay “Gold and Economic Freedom”, dass:

In Abwesenheit des Goldstandards gibt es keine Möglichkeit, Ersparnisse vor Enteignung durch Inflation zu schützen. […] Die Finanzpolitik des Wohlfahrtsstaates erfordert, dass es für Vermögensbesitzer keine Möglichkeit gibt, sich selbst zu schützen.

Kurz gesagt:

Greenspan sah Gold als das “Fieberthermometer” des Währungs- und Finanzsystems – also als natürlichen, marktgetriebenen Indikator für das Vertrauen in Papiergeldsysteme.

Wenn Gold stark steigt, ist das gleichbedeutend mit einem Vertrauensverlust in Fiat-Währungen (Dollar, Euro usw.).

Das erklärt, warum eine anhaltend starke Goldpreisentwicklung politisch und geldpolitisch unerwünscht war – denn sie signalisiert den Menschen:

„Euer Geld verliert an Wert.“

Das Konzept der Goldpreis-Interventionen (Preisdrückung / “Price Suppression”)

Seit den 1990er Jahren wird immer wieder die These vertreten, dass große Zentralbanken, Geschäftsbanken und insbesondere über die Comex (Commodity Exchange) in New York gezielt Einfluss auf den Goldpreis nahmen – um ihn künstlich niedrig zu halten.

Kernargumente dieser Sichtweise:

  • Gold ist der systemische Konkurrent von Papiergeld.

  • Steigt Gold stark, signalisiert das monetäre Instabilität.

  • Um das Vertrauen in den US-Dollar (und somit in das Weltfinanzsystem) zu erhalten, wurden über Jahre hinweg Short-Positionen, Papiergold-Kontrakte und koordinierte Verkäufe eingesetzt, um Anstiege zu dämpfen.

Bereits in den 2000er-Jahren gab es Hinweise, z. B.:

  • Untersuchungen der GATA (Gold Anti-Trust Action Committee), die auffällige Muster an der Comex und in den Londoner Fixings belegten, etwa:

  • Unlogische Preisrückgänge nach positiven Marktdaten oder in illiquiden Handelszeiten, typischerweise kurz nach den täglichen Goldpreisfixings.

  • Hohe Konzentrationen von Short-Positionen bei wenigen Großbanken (z. B. JPMorgan, HSBC).

  • Die CFTC-Untersuchung (Commodity Futures Trading Commission) um 2007–2010 ergab zwar offiziell „keine Marktmanipulation“, aber viele Marktbeobachter hielten das für eine „politische Schlussfolgerung“, nicht für eine ökonomisch logische.

Warum diese Eingriffe funktionieren konnten:

Das System des sogenannten Papiergoldes (Futures, Derivate, ETF-Anteile) erlaubt es, ein Vielfaches des real existierenden Goldes als „Handelsvolumen“ auf den Markt zu bringen.

Dadurch lässt sich der Preis kurzfristig beeinflussen, ohne dass physisches Gold bewegt werden muss.

Beispiel:

  • Wenn an der Comex 200-mal so viel Papiergold gehandelt wird, wie tatsächlich physisch vorhanden ist, genügt es, große Short-Positionen aufzubauen, um den Preis zu drücken.

  • Nur ein kleiner Teil der Anleger verlangt physische Auslieferung – und das System bleibt stabil, solange das Vertrauen in die Papierabwicklung erhalten bleibt.

Warum diese Kontrolle jetzt nachlässt:

Was beobachtet werden kann – nämlich dass die Goldrally aktuell wie „entfesselt“ wirkt – könnte genau darauf hindeuten, dass:

1. Der physische Markt stärker wird als der Papiermarkt, d. h.:

  • Zentralbanken und Investoren wollen physische Lieferung, keine Derivate mehr.

  • Die Lagerbestände an „registered“ Gold (z. B. an der Comex) sind stark gesunken.

2. Der Dollar als Weltleitwährung an Vertrauen verliert, insbesondere durch:

  • Überschuldung der USA,

  • politische Polarisierung,

  • geopolitische Entdollarisierung (BRICS, Yuan-Gold-Konvertibilität, etc.).

3. Die Marktmechanismen ihre Wirkung zurückgewinnen, weil sich Eingriffe bei globaler physischer Nachfrage kaum noch kompensieren lassen.

Wenn also die „Papiersteuerung“ schwächer wird, zeigt das Gold – wie Greenspan sagte – wieder ehrlich das „Fieber“ des Systems an.

Die „offiziell“ genannten Gründe für den aktuellen Goldpreisanstieg

Während diese tiefergehenden strukturellen und historischen Faktoren vielen Marktbeobachtern ein schlüssiges Gesamtbild liefern, nennen offizielle Finanz- und Wirtschaftskreise gegenwärtig vor allem folgende marktwirtschaftliche Erklärungen für den massiven Anstieg:

1. Erwartete Zinssenkungen der US-Notenbank (Fed)

  • Die Märkte gehen davon aus, dass die Fed den Leitzins im kommenden Quartal senken wird, um die Konjunktur zu stützen.

  • Niedrigere Zinsen senken die Opportunitätskosten für Gold und treiben die Nachfrage.

2. Schwäche des US-Dollars

  • Der Dollar-Index (DXY) hat in den letzten Wochen deutlich nachgegeben.

  • Ein schwächerer Dollar macht Gold für Käufer in anderen Währungen günstiger.

3. Starke Käufe durch Zentralbanken

  • Vor allem China, Indien, Russland und andere Schwellenländer bauen ihre physischen Goldreserven weiter aus.

  • Laut offiziellen Angaben der Weltgoldorganisation WGC kaufen Zentralbanken derzeit auf einem der höchsten Niveaus seit Jahrzehnten.

4. Geopolitische Unsicherheiten und Handelskonflikte

  • Zuspitzung der Spannungen zwischen den USA und China, aber auch Konflikte im Nahen Osten und in Osteuropa.

  • Gold gilt in solchen Phasen als sicherer Hafen („Safe Haven Asset“).

5. Inflationssorgen und langfristige Absicherungsstrategien

  • Auch wenn die offizielle Inflation in den USA und Europa leicht gesunken ist, rechnen viele Investoren mit einem erneuten Preisdruck durch Energie, Löhne und Lieferketten.

  • Gold wird als Schutz vor künftiger Geldentwertung genutzt.

6. Starke Zuflüsse in Gold-ETFs und physische Nachfrage in Asien

  • Institutionelle Anleger und Fonds erhöhen ihre Goldallokationen.

  • In China und Indien ist die physische Goldnachfrage durch Sparer und Schmuckkäufer besonders hoch.

7. Technische Faktoren und Marktpsychologie

  • Der Ausbruch über frühere Allzeithochs hat zahlreiche Stop-Orders und algorithmische Kaufprogramme ausgelöst.

  • Der Trend selbst zieht neues Kapital an (Momentum-Effekt).

Diese „offiziellen“ Begründungen erklären den Anstieg aus marktwirtschaftlicher Perspektive – sie lassen jedoch offen, warum dieser Marktmechanismus gerade jetzt so ungefiltert durchschlägt. Möglicherweise deshalb, weil die frühere Preissteuerung schwächer oder ausgesetzt wurde.

Über Jahrzehnte war der Goldpreis weniger ein freier Marktindikator, sondern ein politischer Stabilitätsfaktor.

Nun aber kippt das Verhältnis – physische Nachfrage, geopolitische Neuordnung und Vertrauensverlust im westlichen Finanzsystem machen die „Preisdrückung“ zunehmend unwirksam.

Der aktuelle Anstieg auf über 4200 USD/Oz ist damit nicht nur eine Rally, sondern auch ein Symptom einer geldpolitischen Zeitenwende.

Dieser Beitrag stellt keine Anlageberatung dar und ersetzt nicht die Beratung durch einen qualifizierten Finanzexperten. Alle Inhalte dienen ausschließlich Informations- und Bildungszwecken.

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